Alte Führung und altes Hierarchiedenken leben noch immer

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Alte Führung und altes Hierarchiedenken leben noch immer

Neulich traf ich mich mit einer Schulfreundin. Sie arbeitet Teilzeit in einer Tierklinik als Tierärztin und erzählte mir von einem Mitarbeitergespräch. Schon das Zustandekommen war für mich bezeichnend.

Das echte Leben

Die Klinik war einem Konzern eingegliedert worden, wodurch sich die Führungsstruktur deutlich geändert hatte. Ein üblicher Prozess, den man so auch bei Industrie- und Wirtschaftsunternehmen erlebt. Sehr unüblich ist allerdings, dass die neue Führungskraft innerhalb eines angemessenen Zeitraums nicht das Gespräch mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gesucht hat. Stattdessen forderte meine Freundin dann dieses Gespräch ein. Das Gespräch wurde dann für einen Termin in zwei oder drei Monaten terminiert. Völlig legitim. Nun passierte etwas Spannendes: Statt der direkten Vorgesetzten, mit der meine Freundin noch nie ein Wort gewechselt hatte, erschienen andere Personen der Geschäftsführung in Vertretung, da die personalverantwortliche Führungskraft genau da Urlaub hatte.

Hatte ich da etwas verpasst oder falsch verstanden? War das nicht ein Mitarbeitergespräch, bei dem sich der direkte Vorgesetzte unterhält? Doch, das war es, aber ohne den unbekannten Vorgesetzte. Interessant!

Nachdem über einen Umweg platziert wurde, dass seit drei Jahren noch nie ein Gespräch mit der zuständigen Führungskraft geführt wurde, was der Gesamtkonzern wirklich sehr bedauerlich fand, wurde von dieser Seite ein weiteres Gespräch initiiert. Im Gespräch zeigte sich die Führungskraft „not amused“, dass sie von der Seite angezählt worden war, und es fielen Sätze wie „Man sei ja nun Teil eines Großkonzerns, da müsse man sich daran gewöhnen, dass da nicht für alle Zeit wäre.“ und „Die meisten Probleme hatten wir mit den alteingesessenen Mitarbeitern, die sich an die neuen Strukturen nicht gewöhnen konnten. Um ehrlich zu sein, seitdem diverse der „alten“ gegangen sind, hat sich jetzt das Klima deutlich verbessert.“.

Was wäre schöner gewesen?

Sätze, die mir wirklich zu denken gegeben haben. Zum einen sieht man hier ein typisches Thema aus dem aus dem Militär entstammenden Krankenhaussystem: Autoritäre Führung top-down. Im Wandel unserer Zeit mit neuen Generationen, die den Sinn in ihrer Arbeit und die Augenhöhe in der Führung suchen, hat es dieser Bereich im Gegensatz zu echten wirtschaftlichen und industriellen Großkonzernen anscheinend versäumt, ihre Führungskräfte zu schulen. Bei der Erzählung dachte ich oft an den Satz „Ich Chef, Du nix.“. Während woanders ein Leadershiptraining Gang und Gebe ist, in dem über Teamphasen und Führungsstile aufgeklärt wird, bei dem es darum geht, als Führungskraft den Mitarbeitern „zu dienen“, in dem diese für gute Arbeitsbedingungen sorgt, werden im medizinischen Bereich häufig gute Mitarbeiter oder welche, die sich eben für die Stelle beworben haben, befördert, ohne sie mit dem notwenigen Rüstzeug auszustatten, oder es findet generell keine Auswahl nach Führungsfähigkeiten statt.

Ich wünsche mir für diesen Bereich wirklich, dass hier schnellstmöglich nachgezogen wird. Ein solches Führungsverhalten wird für die Generationen X und der jetzt auf den Arbeitsmarkt kommenden Generation Y auf Dauer nicht akzeptabel sein, so dass Fluktuationen und Einarbeitungszeiten vorprogrammiert sein dürften. Die Leadership-Expertin Lunia Hara brachte mir diesen Satz in den Sinn: „Menschen verlassen keine Unternehmen, sie verlassen Führungskräfte.“ Gute Führung ist also sowohl für den Menschen als Mitarbeiter, aber auch wirtschaftlich für das Unternehmen äußerst sinnvoll und gewinnbringend.

Und zum Schluss...

Nebenbei: Große Konzerne wie zum Beispiel Microsoft sind inzwischen beim Thema empathische Führung angekommen (Buchempfehlung: „MitGefühl: Warum Emotionen im Job unverzichtbar sind“ von Magdalena Rogl, Diversity & Inclusion Lead bei Microsoft).

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